Hier spenden 9. Juni 2020

Trauerland appelliert dafür, jungen Menschen in Zeiten der Corona-Krise mehr Gehör zu schenken und beruft sich dabei auf die Ergebnisse der bundesweiten JuCo-Studie zur Situation von Jugendlichen und jungen Erwachsenen während der Corona-Krise, die sich mit den Erfahrungen des Vereins mit Jugendlichen in dieser Zeit decken.

Gefühle von Ohnmacht, Vereinsamung und der Eindruck, auf die Rolle als SchülerInnen reduziert zu werden – das sind wesentliche Erkenntnisse der bundesweiten JuCo-Studie „Erfahrungen und Perspektiven von jungen Menschen während der Corona-Maßnahmen“ von der Stiftung Universität Hildesheim und der Goethe Universität Frankfurt. Über 5.000 Jugendliche und junge Erwachsene im Alter von 15 bis 30 Jahren wurden dazu befragt.

„Die Studie JuCo gibt in vielen Teilen das wieder, was wir zurzeit in unser praktischen Arbeit mit trauenden Jugendlichen und jungen Erwachsen erleben“, sagt Trauerland-Gründerin Beate Alefeld-Gerges. „Daher möchten wir an dieser Stelle erst einmal ausdrücklich Danke sagen, dass die Studie sich mit den Lebenswelten der jungen Menschen auseinandersetzt. Gleichzeitig möchten wir in diesem Zusammenhang dazu aufrufen, den Jugendlichen mehr Aufmerksamkeit zu schenken, mehr nachzufragen, welche Unterstützung sie brauchen – und mehr Räume für sie zu schaffen, in denen sie sich und ihre Gefühle ausdrücken können.“

Anstieg von Anrufen junger Menschen bei Trauerland

In den letzten Monaten hat das Trauerland-Team einen Anstieg von Anrufen verzeichnet, in denen Jugendliche und jungen Erwachsene im Alter von 12 – 20 Jahren anrufen, sich sehr einsam fühlen und niemanden zum Reden haben. Wenn ein Jugendlicher oder ein junger Erwachsener einen nahestehenden Menschen durch Tod verloren hat, ist das Urvertrauen erst einmal erschüttert. Die Auswirkungen der Corona-Maßnahmen verstärken diese Unsicherheiten extrem. „Der Alltag hat sich in den Zeiten von Corona überall verändert, doch auch die allmählichen Lockerungen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass neben Senioren vor allem junge Menschen beeinträchtigt sind. Wir haben das Gefühl, dass die Perspektiven von Jugendlichen und jungen Erwachsenen von der Politik zu wenig gesehen werden“, so Alefeld-Gerges.

Die Sozialpädagogin, die mit Trauerland seit 20 Jahren Kinder und Jugendliche begleitet, betont, dass in diesen Zeiten vielen Jugendlichen besonders der Austausch untereinander fehlt: „Längst nicht alle haben die Möglichkeit, mit anderen Peers zu kommunizieren, natürlich ist es möglich, gemeinsam Computer zu spielen oder Video-Calls zu machen, aber dies bleibt meistens sehr an der Oberfläche“, sagt Alefeld-Gerges. „Wir haben auch die Erfahrung gemacht, dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen den persönlichen Kontakt, den angebotenen Videomeetings gegenüber deutlich bevorzugten.“

Reduktion auf die Rolle als SchülerInnen

In der JuCo-Studie vom Mai 2020 wird zudem deutlich, dass die Sorgen der Jugendlichen und jungen Erwachsenen sowie ihre Möglichkeiten sich bei der Bewältigung der Krise einzubringen, bei politischen und auch organisatorischen Entscheidungen, z. B. in den Schulen selbst, eine untergeordnete Rolle spielt.

„Wir Jugendliche werden doch nur als Schüler gesehen. Wir sollen lernen und lernen und lernen. Warum wird darüber diskutiert die Sommerferien zu kürzen. Politiker denken wie Kapitalisten.“
Zitat JuCo-Studie

„Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen haben große Existenzangst, sie schreiben jetzt in diesen schwierigen Zeiten z. B. Abitur, was an sich schon eine große Herausforderung ist und viele Zweifel mit sich bringt“, betont Alefeld-Gerges. „Auch werden die Abschlussfeiern und -fahrten in den Schulen teilweise ersatzlos gestrichen. Ein immens wichtiger Lebensabschnitt kann so nicht richtig abgeschlossen werden. Dazu gibt es im Hinblick auf Ausbildungsplätze oft nur unklare Antworten, was noch zu mehr Unsicherheiten führt.“

Viele fühlen sich nicht gehört

Die Folge der Krise, deren Bewältigung und die komplexen Konsequenzen, betreffen nicht nur die Gegenwart der jungen Menschen, sondern auch ihre Zukunft. Dass die Jugendlichen und jungen Erwachsenen den Eindruck haben, dass ihre Sorgen nicht gehört werden, zeigen die Ergebnisse der Studie klar. Knapp ein Viertel der Befragten gibt an, gar nicht den Eindruck zu haben, dass die eigenen Sorgen gehört werden (das sind 23,6%), weitere 22% stimmen „eher nicht“ zu und 30% befinden sich im Mittelfeld.

„Wir hoffen sehr, dass die Ergebnisse der Studie dazu beitragen, dass die Bedürfnisse der jungen Menschen bei den weiteren Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie sowie der schrittweisen Rückkehr in den Alltag stärker berücksichtigt werden“, so Alefeld-Gerges.